Die beliebteste Zusatzfunktion einer Armbanduhr ist der Chronograph, eine integrierte Stoppuhr. Zwei Drücker über und unterhalb der Krone bewirken, dass diese Uhr definierte Zeitabschnitte messen kann. Der Drücker oberhalb startet und beendet die Zeitmessung. Der zweite Drücker stellt die Stoppuhr wieder auf Null. Abgelesen wird die Zeit bis zu 60 Sekunden auf dem großen, zentralen Chronographenzeiger. Für längere Zeitabschnitte treten kleine Hilfszifferblätter in Funktion. Sie zählen die Minuten und sogar die Stunden, welche seit Start der Zeitmessung vergangen sind.

Ein Chronograph dient der Zeitmessung, ein Chronometer der Genauigkeit

Das Wort Chronograph setzt sich aus den griechischen Wortbestandteilen für Zeit (=Chronos) und Graph (=Zeichnen) zusammen und bezeichnet wörtlich übersetzt einen Zeitschreiber. Das weist auf die Anfänge hin. Geprägt hat diesen Begriff der im 19. Jahrhrundert  in Paris lebende Uhrmacher Nicolas Rieussec, dem aus diesem Grund Montblanc eine Chronographen-Kollektion gewidmet hat.

Er fertigte eine Zeitmesseinrichtung, bei der mittels kleiner Federn auf abwaschbaren Emaille-Zifferblättern die erfassten Zeiten im Wortsinn aufgezeichet wurden. Sie wurde 1821 patentiert und bei Hunderennen eingesetzt. Neuere Forschungen sehen den französischen Uhrmacher Louis Moinet als ersten Hersteller eines Chronographen. Dessen Astronomieuhr verfügte über einen Sekundenzeiger und eine Start-, Stopp- und Nullstellvorrichtung. Als Zeitmesser wäre das Wort Chronoscope eigentlich genauer, dieser Begriff wird unter anderem von Chronoswiss und Junghans verwendet. Einen weiteren Meilenstein in der Evolution des Chronographen markierte die herzförmige Scheibe des Uhrmachers Adolphe Nicole, 1844 zum Patent angemeldet. Sie erlaubte die direkte Nullstellung und damit die sofortige Messung eines neuen Intervalls.

Tachymeterskala

Der Chronograph kann zu vielerlei Anlässen eingesetzt werden, es existieren aber auch zusätzliche Skalen und Einteilungen, meistens auf der Lünette, die den Einsatzbereich erweitern. Eine Tachymeterskala dient der Ermittlung einer Durchschnittsgeschwindigkeit. Wird beim Passieren eines Kilometersteins die Zeitmessung ausgelöst und beim Erreichen der nächsten Markierung gestoppt, ermöglicht die Skala das Ablesen der erreichten Durchschnittsgeschwindigkeit. Heute noch eine beliebte Funktion bei Oldtimer-Rallyes, sofern elektronische Geräte durch die Statuten untersagt sind.

Die Tachymeterskala der heutigen Rolex Daytona ist auf bis zu 400 Einheiten kalibriert.

Die Tachymeterskala der heutigen Rolex Daytona ist auf bis zu 400 Einheiten kalibriert.

Das funktioniert mit Meilen wie mit Kilometern, darum spricht die Tachymterskala der Cosmograph Daytona von Rolex von Einheiten je Stunde. Sie ist aktuell bis auf 400 Einheiten skaliert.

Telemeterskala

Die Telemeterskala hat eine militärischen Hintergrund. Da sich Licht und Schall unterschiedlich schnell ausbreiten, kann mit ihrer Hilfe die Entfernung gegnerischer Stellungen berechnet werden. Beim Aufleuchten des Mündungsfeuers starteten die Soldaten den Chronographen und beim Ertönen des Kanonendonners hielten sie ihn wieder an.

Die Meister Telemeter von Junghans besitzt sowohl eine Tele- wie eine Tachymeterskala.

Die Meister Telemeter von Junghans besitzt sowohl eine Tele- wie eine Tachymeterskala.

Nun zeigte die Spitze des zentralen Sekundenzeigers exakt auf die Entfernung. Heute lässt sich so beispielsweise die Entfernung eines Gewitters berechnen.

Pulsometerskala

Mit Hilfe der Pulsometer-Skala muss der Herzschlag nicht eine voll Minute gezählt, oder bei kürzerer Messdauer entsprechend multipliziert werden. Nach dem Start des Chronographen sind, je nach Teilung der Skala, lediglich 15 oder 30 Pulsschläge zu zählen und danach der Stoppknopf zu drücken. Sodann kann auf der Skala der Pulsschlag pro Minute abgelesen werden.

Der auf 100 Exemplare limitierte Heritage Manufacture Pulsograph von Montblanc besitzt ein Pulsometer.

Der auf 100 Exemplare limitierte Heritage Manufacture Pulsograph von Montblanc besitzt ein Pulsometer.

Anzeige aus der Zifferblattmitte

Chronographen existieren mit unterschiedlichen Einteilungen bezüglich der zu messenden Zeitdauer wie der messbaren Zeiteinheiten. Zu den Besonderheiten gehören Chronographen mit einer Anzeige der Minuten aus der Zifferblattmitte, wie es das alte Lemania-1377-Kaliber beherrschte, das heute der Manufaktur Breguet vorbehalten ist. Mit Eigenkonstruktionen auf Basis von Chronographenwerken haben Sinn Spezialuhren und Tutima Glashütte diese Lücke geschlossen.

Sinn mit dem Kaliber SZ01 und Tutima mit dem Kaliber Tutima 521 in den M2 Pioneer Chronographen. Beide auf Basis des automatischen ETA-Klassikers 7750 – aber als jeweils eigenständige Entwicklungen.

Chronograph mit horizontaler oder vertikaler Kupplung

Zwei konstruktive Unterschiede spielen im Inneren eines Chronographen eine wissenswerte Rolle. Zum ersten die horizontale oder vertikale Kupplung. Diese wird benötigt, um bei einem Stoppvorgang die Energie auf die Stoppfunktion zu lenken. Bei einer horizontalen Kupplung stehen zwei Zahnräder im Eingriff zu einander. Das kann, sollten die Zähne gerade aufeinanderstehen, zu einem ruckelnden Start führen. Bei der vertikalen Kupplung stehen die Räder wie bei einer Autokupplung übereinander, werden miteinander verprasst und die Haftreibung sorgt für einen geschmeidigen Start der Zeitmessung.

Chronograph mit Kolonnenrad oder Nockenschaltung

Die drei Betriebszustände eines Chronographen sind Starten, Stoppen und Nullstellen. Traditionell werden diese über ein Kolonnenrad gesteuert. Es wird auch Säulenrad genannt, da die Steuerelemente wie kleine Säulen aufragen. Es war bis zur Einführung computergestützter Fräsmaschinen aufwändiger in der Herstellung. Die sogenannte Nocken- oder auch Kulissenschaltung ist einfacher anzufertigen. Heute gilt das Schaltrad als Qualitätsmerkmal bei Manufakturwerken.

Mit dem Kaliber 321 hat Omega ein legendäres Chronographenwerk mit Schaltrad rekonstruiert.

Mit dem Kaliber 321 hat Omega ein legendäres Chronographenwerk mit Schaltrad rekonstruiert.

Ihm wird ein präziserer Druckpunkt beim Ausläsen nachgesagt. Zuverlässig sind beide Konstruktionen gleichermaßen. Das weitverbreitete Valjoux 7750, heute zur ETA und damit zur Swatch Group gehörig, verfügt über eine Kulissenschaltung. Es existieren aber auch Abwandlungen für Tochtermarken der Swatch Group in Ausführungen mit Schaltradsteuerung.

 

 

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