Alle vier Jahre schenkt uns der Kalender einen Tag. Hier zeigt sich der Unterschied zwischen einer Uhr mit Jahreskalender und einem Ewigen Kalender. Ein Jahreskalender signalisiert korrekt den kurzen Monat Februar, kennt aber nicht das Schaltjahr. So ist bei ihm alle vier Jahre eine manuelle Datumskorrektur unausweichlich. Die erste Uhr stattete der englische Uhrmacher Thomas Mudge Mitte des 18. Jahrhunderts mit einem Ewigen Kalender aus.
Die Vorfreude begann bereits in der Silvesternacht
Mit dem Jahr 2020 beginnt im allgemeinen Sprachgebrauch ein neues Jahrzehnt. In diesem Fall die 20er Jahre. Besitzern eines Ewigen Kalenders wurde bereits eine besondere Freude zuteil. Denn schon in der Silvesternacht zeigte die Schaltjahresanzeige an, dass der 29. Februar hinzugefügt wird. Bis 2001 galt in der katholischen Kirche übrigens noch die Regel, dass – wie schon im julianischen Kalender – der 24. Februar zu verdoppeln ist.
Die Mechanik besitzt eine Programmierung
Zu Silvester waren es noch 59 Tage, bis der Ewige Kalender endlich beweisen kann, was in ihm steckt. Er schaltet korrekt vom 28. auf den 29. Februar, bevor er anschließend direkt auf den 1. März übergeht. Das mag einfach klingen, doch dahinter steht eine große technische Herausforderung. Es bedarf nämlich der Entwicklung eines komplexen mechanischen Programms, welches die unterschiedlichen Längen aller 48 Monate im gesamten Vierjahreszyklus abbildet.
Das Programmrad bestimmt die Monatslängen
Die 48 unterschiedlich tiefen Aussparungen dieses Programmrades entsprechen den 48 unterschiedlichen Monatslängen im Laufe des Viererzyklus von drei regulären Jahren und einem Schaltjahr. Während das Rad sich einmal in vier Jahren um die eigene Achse dreht, tastet ein federbelasteter Hebel die Aussparungen ab. Je tiefer die Aussparung, desto früher schaltet der Mechanismus zum ersten Tag des Folgemonats. Die vier tiefsten Aussparungen entsprechen den vier Februaren. Eine von ihnen ist etwas flacher ausgeführt. Sie markiert den Februar des Schaltjahrs mit dem zusätzlichen Kalendertag.
A. Lange & Söhne findet für die Lange 1 eine innvovative Lösung
Es ist nicht ganz einfach, eine so traditionsreiche Komplikation wie den Ewigen Kalender weiterzuentwickeln. Die ersten Lange-Taschenuhren mit Ewigem Kalender und Mondphasenanzeige stammen aus dem späten 19. Jahrhundert. Die Entwicklung der 2012 präsentierten Lange 1 Tourbillon Ewiger Kalender stellte die Konstrukteure von A. Lange & Söhne vor die große Herausforderung, die Vielzahl der Kalenderindikationen in die dezentrale Zifferblattarchitektur der Lange 1 zu integrieren, ohne das Arrangement der überschneidungsfrei angeordneten Anzeigen zu beeinträchtigen.Das zentrale Konstruktions- und Gestaltungselement ist ein patentierter rotierender Monatsring, der eine neue Art der Monatsanzeige ermöglicht. Er ersetzt den traditionellen Mechanismus, bei dem die Steuerung über ein 48er-Programmrad mit Aussparungen erfolgt. Die innovative Lösung brachte weitere Herausforderungen mit sich. So mussten die Konstrukteure einen Weg finden, den großen Ring am letzten Tag eines jeden Monats verzögerungsfrei um 30 Grad weiterzuschalten. Dieser Schritt ist ungefähr viermal so lang wie beim wesentlich kleineren und leichteren Programmrad. Er verlangte nach einer alternativen Antriebslösung – und nach einer neuen Möglichkeit, die unterschiedlichen Monatslängen abzutasten.
Der Monatsring wird über eine Innenverzahnung angetrieben. Er dreht sich einmal im Jahr um die eigene Achse. Auf seiner Innenseite befindet sich eine umlaufende Kontur mit wellenförmigen Vertiefungen. Ein federnd gelagerter Abtasthebel gleitet entlang dieser Kontur und wird entsprechend der jeweiligen Vertiefung ausgelenkt. Je weiter die Auslenkung, desto kürzer der Monat. Im Februar greift ein Ausleger auf der anderen Seite des Abtasthebels eine Kurvenscheibe unterhalb der Vierjahresanzeige ab. Auf diese Weise erhält der Mechanismus die Information, ob es sich um ein reguläres Jahr handelt oder um ein Schaltjahr mit einem 29. Februar.
Nur Säkularjahre erfordern eine manuelle Datumskorrektur
Der Mechanismus eines Ewigen Kalenders gibt die unterschiedlichen Monatslängen ein ganzes Jahrhundert lang richtig wieder. Eine Korrektur ist nur in den Säkularjahren 2100, 2200 und 2300 erforderlich, da sie nach der Ausnahmeregel des Gregorianischen Kalenders nicht als Schaltjahre gelten. Allerdings sind durch 400 ganzzahlig teilbare Säkularjahre dennoch Schaltjahre, wie es etwa im Jahr 2000 der Fall war. Diese komplizierte Regelung führt über die Jahrhunderte mit durchschnittlich 365,2425 Tagen zu einer erstaunlich korrekten Annäherung an die astronomisch berechnete Jahreslänge von 365,2422 Tagen.
Das ist die höchststehende Komplikation, die zudem einen ersichtlichen Nutzen bietet. Schade, ich kann mir nur einen Jahreskalender leisten.
Immerhin bietet der Jahreskalender drei Jahre lang das Vergnügen, den Datumssprung zu erkennen. Einmal von Hand schalten in vier Jahren ist doch zu verschmerzen …